Die Istanbul-Konvention ist seit 2021 zehn Jahre alt – und trat vor 5 Jahren in Deutschland in Kraft. Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt ist das stärkste frauenpolitische Instrument, das je entwickelt wurde. Hier wird festgestellt: Gewalt an Frauen und Mädchen ist eine Menschenrechtsverletzung! Die Istanbul-Konvention gilt als wegweisendes Vertragswerk, um die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben.

Die sogenannte Istanbul-Konvention wurde 2011 in Istanbul unterzeichnet und trat in Deutschland zum 1. Februar 2018 in Kraft. Inzwischen haben 37 Länder sie ratifiziert. Sie verpflichtet Bund, Länder und Kommunen vorzubeugen, zu bekämpfen, Strafverfolgung zu gewährleisten und von Gewalt Betroffene umfassend zu schützen.

GREVIO mahnt Deutschland

In den fünf Jahren ist es in Deutschland nicht gelungen, eine Koordinierungsstelle im Bund aufzubauen oder eine Gesamtstrategie vorzulegen. Das mahnt GREVIO – der Sachverständigenausschuss des Europarats – in seinem Länderbericht zu Deutschland im Herbst 2022 an. Der von GREVIO gerügte Vorbehalt gegen Artikel 59 wurde vor Kurzem zurückgezogen. Damit gilt ab dem 1. Februar der Schutz der Konvention endlich auch umfassend für Migrantinnen, die von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind.  Mängel im Gewaltschutz im Kontext von Umgangs- und Sorgerecht muss Deutschland noch angehen. Auch Frauenhausplätze fehlen und finanzielle Ressourcen, so GREVIO.

Ein Aufbaustab im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nimmt sich inzwischen der Aufgabe an und soll eine Bundeskoordinierungsstelle vorbereiten – fünf Jahre nach Inkrafttreten der Istanbul-Konvention. Die geplante staatliche Koordinierungsstelle wird auf der Basis der erforderten Datensammlung arbeiten: gute Zahlen sind die Grundlage für wichtige Entscheidungen. Am Deutschen Institut für Menschenrechte wurde dafür Ende 2022 eine Beobachtungsstelle für geschlechtsspezifische Gewalt eingerichtet. Sie ist spezialisiert auf Daten in dem Bereich Gewalt gegen Frauen. Die Stelle prüft zurzeit die Daten, die in den Ländern vorgehalten werden. Sie wird kontinuierlich und unabhängig für Deutschland berichterstatten zur Umsetzung der Istanbul-Konvention.

Bremen geht voran: Landeskoordinierungsstelle und Betroffenenbeirat

Es ist ein langer Weg zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Bremen geht an vielen Stellen voran: Bei der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz wurde 2020 eine Landeskoordinierungsstelle als ineinandergreifende politische Maßnahme eingerichtet, ebenso wie ein Betroffenenbeirat 2021. Die Konvention fordert konkret die Einrichtung von Koordinierungsstellen, die Erarbeitung von Landesaktionsplänen und die Beteiligung der Zivilgesellschaft in der Entwicklung und Überwachung der Umsetzung. Das ist in Bremen gelungen durch den Einsatz zahlreicher Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen Gewaltformen, die Einrichtung eines jährlichen Runden Tisches sowie die Einberufung des Betroffenenbeirat Istanbul-Konvention. Workshops mit Fachleuten aus unterschiedlichen Bereichen stellen kontinuierlich die Bedarfe der beteiligten Fach-, Beratungs-, und Schutzstellen fest und erarbeiten konkrete Umsetzungsschritte und Ideen.

Landesaktionsplan mit 75 Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt

Welchen Projekten sich die Bremer Behörden in den nächsten 5 Jahren widmen, ist im Landesaktionsplan „Istanbul-Konvention umsetzen – Frauen und Kinder vor Gewalt schützen“ 2022 festgelegt worden. Es sind 75 Maßnahmen, die ineinandergreifend den Gewaltschutz für Frauen gemäß der Istanbul-Konvention voranbringen.

Zum Nachlesen

Gemeinsame Pressemitteilung der ZGF und der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz. 5 Jahre Istanbul-Konvention Deutschland – eine Bremer Bilanz – Pressestelle des Senats (bremen.de)

Über die Berichterstattungsstelle zu geschlechtsspezifischer Gewalt am DIMR: Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt | Institut für Menschenrechte (institut-fuer-menschenrechte.de)

Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland: Erste Bewertung durch die Expert*innengruppe GREVIO (7. Oktober 2022): https://www.bmfsfj.de/resource/blob/160138/6ba369 4cae22e5c9af6645f7d743d585/grevio-staatenbericht-2020-data.pdf

Überblick Umsetzung nach Artikel geordnet (engl.): https://rm.coe.int/prems-010522-gbr-grevio-mid- term-horizontal-review-rev-february- 2022/1680a58499