Betroffenenbeirat fordert von Bremer Parteien Ausbau des Gremiums
Der Bremer Betroffenenbeirat Istanbul-Konvention hat sich mit einem Schreiben an die Bremer Parteispitzen gewandt um die Belange von Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt in die Koalitionsverhandlungen einzubringen.
Betroffenenbeteiligung wesentlich in der Umsetzung der Istanbul-Konvention
„Als beratendes Gremium der Politik zur Umsetzung der Istanbul-Konvention ist es uns ein wichtiges Anliegen in den folgenden Koalitionsverhandlungen den Betroffenen von geschlechtsspezifischer Gewalt eine Stimme zu geben.“ schreiben die Mitglieder in ihrem Forderungspapier. Betroffenenbeteiligung sei wesentlich.
Der Betroffenenbeirat müsse nach Ablauf seiner Amtszeit 2025 erneut einberufen werden, um die Perspektive und das Erfahrungswissen von Betroffenen in der Umsetzung der Istanbul-Konvention zu sichern. Für die Arbeit des Gremiums bedürfe es weiterer Mittel, die nicht nur die Sitzungen bezahle, sondern auch darüber hinaus geleistete Arbeit sowie ein Budget für Öffentlichkeitsarbeit und digitale Infrastruktur.
Forderungen zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt
Fachlich fordert der Beirat konkret:
- Im Bereich Familienrecht müsse der Opferschutz Vorrang vor Umgangsrecht haben, wie die Istanbul-Konvention es vorschreibt. Dazu bedürfe es einer konsequenten Durchsetzung in familiengerichtlichen Verfahren, die nur über eine Fortbildungspflicht für Familienrichterinnen und –richter erreicht werden könne.
- Weil wirtschaftliche Abhängigkeit und Armutsgefährdung insbesondere für gewaltbetroffene Frauen* mit Kindern meist über die Trennung hinaus bestehen, fordert der Beirat die Stärkung der Rechte der Frauen* und Zusicherung ihres Lebensunterhalts.
- Häusliche Gewalt in Ehe und Partnerschaft belastet immer auch Kinder. Therapeutische Unterstützung durch qualifizierte Kinder- und Jugendpsycholog*innen müsse daher verbessert werden. Die Hürden bei Zugang zu Bafög und Unterhalt für Kinder, die innerfamiliäre Gewalt erlebt haben, sollten elternunabhängig vereinfacht werden.
- Es brauche eine Fachstelle zu digitaler Gewalt sowie die Verankerung von Medienbildung im Bildungsplan.
- Um Stigmata abzubauen bedürfe es Präventionsangebote bereits ab Kita und Schule.
- Ein achtsamer Umgang mit Betroffenen und Wissen zur Situation von Personen aus vulnerablen, oft mehrfach betroffenen Gruppen, sei essenziell.
- Es brauche für gewaltbetroffene Frauen* und Mädchen eine gute psychosoziale und rechtliche Begleitung vor und im strafrechtlichen Verfahren. Dazu gehöre ein kostenfreier, gesetzlich geregelter Anspruch auf Rechtsberatung und psychosoziale Prozessbegleitung proaktiv bereits vor Erstattung einer Strafanzeige.
- Um Schutzlücken in der Praxis zu schließen, fordert der Betroffenenbeirat systematische Evaluation der Rechtspraxis bei sexualisierter und häuslicher Gewalt.
Koalitionsvereinbarung soll Perspektive der Betroffenen in der Umsetzung der Istanbul-Konvention sichern
Das Forderungspapier zu den Belangen gewaltbetroffener Frauen* richtete der Bremer Betroffenenbeirat im Anschluss an die Bürgerschaftswahl vom Sonntag, 14. Mai an alle Parteispitzen, die nun in Koalitionsverhandlungen gehen.
Auch im Koalitionspapier der Bundesregierung sind verschiedene Vorhaben zur Umsetzung der Istanbul-Konvention verankert, wie die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle. Für die Bremer Koalitionsvereinbarung stellte der Betroffenenrat Forderungen auf Grundlage des Kommentars zum Bremer Landesaktionsplan „Istanbul-Konvention umsetzen. Frauen und Kinder vor Gewalt schützen“ an die Bremer Parteien, die den nächsten Senat bilden könnten.
Zum Nachlesen
- Schreiben des B*BIK an die Bremer Parteien vom Mai 2023 (Download)
- Betroffenenbeirat Istanbul Konvention im Land Bremen (@betroffenenbeirat) auf Instagram
- Kommentar des B*BIK zum Landesaktionsplan (Download)