Bremer Betroffenenbeirat Istanbul-Konvention feiert 1. Geburtstag

Vor ziemlich genau einem Jahr traf sich der Bremer Betroffenenbeirat Istanbul-Konvention – kurz B*BIK – zum ersten Mal. Der Bremer Betroffenenbeirat Istanbul-Konvention ist in der Bundesrepublik bisher einmalig und wird vom Bundesinnovationsprogramm des Bundesministeriums für Familie, Frauen und Jugend gefördert. Die zehn Mitglieder sind zwischen 25 und 67 Jahren alt und haben unterschiedlichste geschlechtsspezifische Gewaltformen erlebt, unter anderem im Kontext von sexueller und häuslicher Gewalt, digitaler Gewalt, Stalking, oder Zwangsprostitution. Nun kämpfen sie alle für ein Ziel: Frauen und Kinder vor Gewalt zu schützen.

Die Beweggründe, sich im B*BIK zu engagieren sind ebenso vielseitig, wie ihre Mitglieder selbst. „Als Opfer und Überlebende von geschlechtsspezifischer Gewalt ist es das, was mich am meisten dazu bewegt hat, bei B*BIK mitzumachen - eine Plattform zu haben, auf der ich mich nicht mehr aus Scham verstecken muss, um meinen Täter zu schützen“, sagt Nozibele vom B*BIK. Ihre Kollegin Isa ergänzt „Ich habe mich beim B*BIK beworben, um die Menschen mehr zu sensibilisieren und aufzuklären.“

Seit dem ersten Treffen im Oktober 2021 ist viel passiert. Die 10 Mitglieder des B*BIK haben sich im vergangenen Jahr sehr gut kennengelernt. „Ich war zunächst skeptisch, was die Zusammenarbeit des Betroffenenbeirats anging. Wir sind eine sehr vielfältige Gruppe, mit unterschiedlichen Charakteren und Meinungen, die sich auf eine Beschlusslage einigen muss. Mittlerweile weiß ich, dass unsere Diversität eine Chance und kein Hindernis ist. Wir zeichnen uns durch unsere Kompromissbereitschaft aus, die uns als Team nicht nur zusammenschweißt, sondern auch die besten Ergebnisse erzielen lässt“, sagt Michelle.

Was ist die Aufgabe des B*BIK?

Die Hauptaufgabe des Betroffenenbeirats ist die Bewertung der Maßnahmen, die im Bremer Landesaktionsplan „Istanbul-Konvention umsetzen – Frauen und Kinder vor Gewalt schützen“ festgeschrieben wurden. Dabei legt der B*BIK den Fokus darauf, wie zielgerichtet sich die 75 Maßnahmen an den Bedarfen der Gewaltbetroffenen orientieren, damit die Hilfe auch dort ankommt, wo sie benötigt wird. „Als sogenannte "Ausländerin" oder "afrikanische Immigrantin" finde ich es wichtig, eine Stimme zu haben, und durch diese Arbeit bin ich in der Lage, über den Kampf mit Sprachbarrieren zu sprechen, über Diskriminierung bei der Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden und darüber, was getan werden muss, um die Kluft zwischen Opfern und Polizei zu überbrücken“, sagt Nozibele. Darüber hinaus hat der B*BIK beim Runden Tisch zur geplanten Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen-Mitte Anregungen vorgetragen, die ihnen aus Sicht der Betroffenen sehr wichtig sind: Runder Tisch Istanbul-Konvention tagt am 21. Juni 2022

„Mein Resümee der Arbeit des vergangenen Jahres bezieht sich auf die institutionelle Anbindung des B*BIKs an eine Behörde. Dies ermöglicht dem B*BIK als politische Instanz zu agieren und stellt der Arbeit wichtige Ressourcen zur Verfügung. Gleichzeitig bestehen dadurch spürbare Hierarchien und es kann zu Interessenskonflikten kommen. Ich freue mich auf die noch kommende Phase und bin zuversichtlich, dass wir in diesem Spannungsfeld mit emanzipatorischen Lösungen, auch im Interesse der Behörde, begegnen können“, sagt Jule.

Es gibt noch viel zu tun und der B*BIK hat große Pläne. „Wir haben gemeinsam für die Zukunft noch viel anzupacken und umzusetzen. Auch die Präsenz in der Öffentlichkeit ist noch ganz am Anfang“, sagt Elisabeth. Allerdings haben die Mitglieder des B*BIK auch hier schon vorgelegt und sind nun in den sozialen Netzwerken Instagram und Twitter aktiv (Instagram B*BIK). Wenn Sie keine Infos rund um den B*BIK mehr verpassen wollen, dann sollten Sie die Kanäle abonnieren (Anm. d. Red.).

„Nach einem Jahr Arbeit im B*BIK können wir auf die letzten 12 Monate zurückblicken und feststellen, dass merkbare Systemveränderung lange dauert und nur zäh vorangeht. Wir können aber mit Stolz sagen, dass wir trotz unserer unterschiedlichen Erfahrungen und Lebensumstände in dieser Zeit produktiv und konstruktiv miteinander arbeiten konnten“, sagt Janne und Medine schließt mit den Worten „Es war ein sehr anstrengendes, aufregendes und interessantes Jahr, das wir hinter uns gelassen haben. Ich würde es auch als ein sehr erfolgreiches Jahr bezeichnen. Nichtsdestotrotz liegt noch ein sehr schwieriger und holpriger Weg vor uns“.

Die Arbeit ist also noch lange nicht beendet und die 10 Mitglieder des B*BIK freuen sich auf die kommenden Projekte. Durch die Teilnahme an Fachtagen und bei Runden Tischen zu einzelnen Themen des Bremer Landesaktionsplans kann sich der B*BIK immer wieder positionieren. Durch die Verstetigung dieses Modellprojekts auf Landesebene kann der Bremer Betroffenenbeirat für die nächsten drei Jahre weiter finanziert werden und durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit, die sowohl der Betroffenenbeirat als auch die Stabsstelle Frauen bei der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz leistet, wird das Projekt hoffentlich auch in den anderen Bundesländern bald Nachahmer finden: denn es ist immer besser miteinander zu reden, als über gewaltbetroffene Frauen*.

Das sagen die Mitglieder des Betroffenenbeirats nach einem Jahr Zusammenarbeit

Janne: „Nach einem Jahr Arbeit im B*BIK können wir auf die letzten 12 Monate zurückblicken und feststellen, dass merkbare Systemveränderung lange dauert und nur zäh vorangeht. Wir können aber mit Stolz sagen, dass wir trotz unserer unterschiedlichen Erfahrungen und Lebensumstände in dieser Zeit produktiv und konstruktiv miteinander arbeiten konnten.“

Medine: "Es war ein sehr anstrengendes, aufregendes und interessantes Jahr, das wir hinter uns gelassen haben. Ich würde es auch als ein sehr erfolgreiches Jahr bezeichnen. Wir haben unseren Kommentar zum Landesaktionsplan Istanbul-Konvention und unsere Erweiterung zu den Gewaltschutzambulanzen geschrieben und beim runden Tisch vorgetragen. Außerdem haben wir ein Selbstverständnis zum B*BIK geschrieben. Nichtsdestotrotz liegt noch ein sehr schwieriger und holpriger Weg vor uns."

Elisabeth: "Überraschend war für mich, dass sich der B*BIK aus sehr vielfältig, von unterschiedlicher Gewalt Betroffenen, zusammengefunden hat. Diese Zusammensetzung ermöglicht eine breite Vielfältigkeit und Herangehensweise an die vorkommenden Probleme, verbunden mit guten Ideen. Innerhalb des ersten Jahres unserer Tätigkeit fanden die B*BIK Mitglieder immer mehr zueinander, zumal für diese Arbeit eine intensive Vertrauensbasis gegeben sein muss.Schade ist, dass unsere Arbeit weniger praxisorientiert angelegt ist. Die Arbeit orientiert sich am LAP und dessen politischer Umsetzung. Wir haben gemeinsam für die Zukunft noch viel anzupacken und umzusetzen. Auch die Präsenz in der Öffentlichkeit ist noch ganz am Anfang."

Michelle: "Ich war zunächst skeptisch, was die Zusammenarbeit des Betroffenenbeirats anging. Wir sind eine sehr vielfältige Gruppe, mit unterschiedlichen Charakteren und Meinungen, die sich auf eine Beschlusslage einigen muss. Mittlerweile weiß ich, dass unsere Diversität eine Chance und kein Hindernis ist. Wir zeichnen uns durch unsere Kompromissbereitschaft aus, die uns als Team nicht nur zusammenschweißt, sondern auch die besten Ergebnisse erzielen lässt. Durch Weitsicht und Vorschläge, die alle Gruppen von Frauen* und Mädchen* in ihrer Diversität gleichmäßig adressieren. Ich freue mich auf die weiteren gemeinsamen Jahre."

Nozibele: "Als Opfer und Überlebende von geschlechtsspezifischer Gewalt ist es das, was mich am meisten dazu bewegt hat, bei B*BIK mitzumachen - eine Plattform zu haben, auf der ich mich nicht mehr aus Scham verstecken muss, um meinen Missbraucher zu schützen. Als sogenannte "Ausländerin" oder "afrikanische Immigrantin" finde ich es wichtig, eine Stimme zu haben, und durch diese Plattform (bei B*BIK) war ich in der Lage, über den Kampf mit Sprachbarrieren zu sprechen, über Diskriminierung bei der Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden und darüber, was getan werden muss, um die Kluft zwischen Opfern und Polizei zu überbrücken."

Jule: "Nach einem Jahr Arbeit im B*BIK ist es möglich ein erstes Resümee zu ziehen; meines bezieht sich auf die institutionelle Anbindung des B*BIKs an eine Behörde, dies ermöglicht dem B*BIK als politische Instanz zu agieren und stellt der Arbeit wichtige Ressourcen zur Verfügung, gleichzeitig bestehen dadurch spürbare Hierarchien und es kann zu Interessenskonflikten kommen, ich freue mich auf die noch kommende Phase und bin zuversichtlich, dass wir diesem Spannungsfeld mit emanzipatorischen Lösungen, auch im Interesse der Behörde, begegnen können."

Isa: "Ich habe mich beim B*BIK beworben, um die Menschen mehr zu sensibilisieren und aufzuklären. Unser Kommentar zum Landesaktionsplan haben wir etwas geschafft, auf das ich stolz bin. Die Sicht von Betroffenen wird endlich wahrgenommen."